Forstwald: Neue Möbel landen im Müll

4,5 Millionen Euro sind für das Gesamtpaket „Flüchtlingsunterkunft Forstwald“ vom Land an die Malteser gezahlt worden, 2,1 Millionen der Summe als Abfindung für das vorzeitige Vertragsende. Anwohner beklagen Steuerverschwendung. 

 

Rund 11,5 Millionen Euro haben Aufbau, Einrichtung und Abbau der nie in Betrieb genommenen Flüchtlingseinrichtung auf dem ehemaligen Kasernengelände in Forstwald gekostet. Ein Rückgang der Flüchtlingszahlen Mitte 2016 hatte zur Folge, dass NRW-weit um die 20 solcher Notunterkünfte unbenutzt wieder geschlossen wurden. Helmut Gruner, der ganz in der Nähe des Krefelder Areals wohnt, hat Auf- und Abbau mit Interesse verfolgt – und stellt Fragen nach der Wirtschaftlichkeit.

Für Gruner liegt der Verdacht nahe, dass die Landesregierung und ihre Vertragspartner während der Flüchtlingskrise mit Steuergeldern leichtfertig umgegangen sind. Als ein Beispiel nennt er die Entsorgung der Einrichtungsgegenstände, die für die Unterbringung von 1000 Personen angeschafft worden waren: „Viele Betten und Spinde sind einfach im Müllcontainer gelandet“, berichtet er. Immer mal wieder hat er am Tor des Forstwalder Geländes mit den Wachleuten gesprochen. „Einer sagte mir: ‚Ich hatte Tränen in den Augen, zu sehen, was mit dem Material passiert ist'“, berichtet Gruner.

Die Bezirksregierung hatte den Betreuungsvertrag für die Unterkunft ausgeschrieben, der Malteser Hilfsdienst diesen gewonnen. Dieser war somit für die Einrichtung der Leichtbauhallen, etwa mit Betten und Spinden, der Ausstattung einer Küche und Krankenstation für 1000 Personen sowie der Planung und Anschaffung der IT-Infrastruktur zuständig. Und auch für die Entsorgung der Gegenstände.

Ein Malteser-Sprecher bestätigt: „Es ist richtig, dass wir einen Teil der Betten und Spinde entsorgen mussten, da sich dafür kein Abnehmer fand.“ Genaue Zahlen wollen die Malteser nicht nennen, erklären jedoch auf Anfrage unserer Redaktion, man habe versucht, in der Kürze der Zeit, die Einrichtungsgegenstände neu zu verplanen: „Weder ausreichende Lagerkapazitäten noch andere Verwendungsmöglichkeiten standen uns zur Verfügung. Vor allem eine nicht unerhebliche Anzahl neuer Betten und Spinde mussten deshalb über die Abfallwirtschaftsbetriebe entsorgt werden, was wir sehr bedauern, aber der Situation vor Ort geschuldet war“, schreibt die Öffentlichkeitsarbeits-Abteilung.

Außerdem hätten die Malteser die Betreuung der Flüchtlinge, die dann nie kamen, verantworten sollen. Dafür waren 60 Arbeitsverträge geschlossen worden. 45 davon konnten laut Auskunft der Malteser-Pressestelle in der Probezeit gekündigt werden, 15 Mitarbeiter wurden anderswo weiterbeschäftigt. 4,5 Millionen Euro insgesamt sind für das Gesamtpaket von der Landesregierung an den Malteser Hilfsdienst gezahlt worden, 2,1 Millionen der Summe als Abfindung für das vorzeitige Vertragsende. Der Bezirksregierung liegen nach eigenen Angaben aber keine Zahlen dazu vor, wie viel der 4,5 Millionen Euro die Malteser bis zum Abbau der Unterkunft aufwenden mussten: „Das Geschäftsverhältnis wurde einvernehmlich beendet und der Betreuungsverband Ende 2016 bezahlt“, schreibt die Bezirksregierung. „Ab diesem Zeitpunkt waren alle gegenseitigen Ansprüche abgegolten. Der Rest ist Gewinn. Für die genaue Aufstellung dieser Ausgaben müssten Sie sich bei den Maltesern erkundigen.“ Man selber habe keine exakte Kostenaufstellung.

Für Gruner, der als Elektroingenieur jahrelang ein mittelständisches Unternehmen leitete, ein Unding. „Es kann doch nicht sein, dass es über die Verwendung von Steuergeldern keine genaue Kostenaufstellung und keine Nachweispflicht gibt“, meint er. „Hier wurde einfach in den luftleeren Raum investiert und ganz locker das Geld von anderen ausgegeben. Warum gab es etwa keine Rücknahmevereinbarung für die Einrichtungsgegenstände? Denn es war ja von vornherein klar, dass ungewiss ist, ob die Einrichtung überhaupt jemals bezogen wird.“ „Gewinn“ ist unterdessen ein Wort, das die Malteser in diesem Zusammenhang nicht benutzen wollen. „Nach Abzug aller Kosten blieb für die Malteser ein Überschuss (kein Gewinn)“, betont die Pressestelle und begründet die Wortwahl und das Geheimhalten der Überschuss-Summe: „Da wir in der Vergangenheit mehrmals die negative Erfahrung machen mussten, dass gerade in Sozialen Medien keine sachliche Debatte mehr möglich war und es immer wieder zu Skandalisierungen und Angriffen gekommen ist, die wir als ungerechtfertigt empfinden, veröffentlichen wir keine Details dazu.“

Alle „Überschüsse“, die die Malteser als gemeinnützige Hilfsorganisation im Rahmen der Flüchtlingshilfe erwirtschaftet haben, würden „wieder zurück in gemeinnützige Tätigkeiten rund um das Engagement der Malteser in der Arbeit mit Migranten und den Bevölkerungsschutz“, fließen, heißt es.

Für Helmut Gruner ist das ein Aufreger: „Die können das Geld doch nicht einfach behalten.“ Er meint, dass die „Überschüsse“, die schließlich Steuergelder seien, zurück an die Landesregierung gezahlt werden müssten. Und fragt sich, wie hoch wohl der Gesamtbetrag an „Überschüssen“ ist – bei rund 20 vergleichbaren Einrichtungen, mit denen in NRW ähnlich verfahren wurde.

Quelle: RP vom 24.10.2017

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